Verantwortungsvolles Sponsoring – ein Gewinn für Gesellschaft und Marke.



Über viele Jahre ging es im Sport-Sponsoring steil nach oben. Doch die Corona-Pandemie trifft die Sponsoring-Branche hart. Experten suchen nach möglichen Auswegen. Ein Ansatz, der vermehrt diskutiert wird, ist verantwortungsvolles Sponsoring.

Photo by Nathan Gonthier on Unsplash

Im Sport-Sponsoring herrschte über Jahrzehnte stets positive Stimmung. „Die jährlichen Wachstumsraten aus der jüngeren Vergangenheit zeigen (…), dass das weltweite Sponsoring zuletzt regelrecht florierte (…)“, schreibt das Fachmagazin Sponsors im Mai (Corona-Krise: Wie setzen Sponsoren künftig ihr Geld ein?).

Sponsoring hatte sich als feste Größe in vielen Kommunikationsstrategien von Unternehmen etabliert. Neue Zielmärkte in China und den USA sowie technische Neuerungen wie digitale Banden in den Sportarenen befeuerten zusätzlich die positive Entwicklung.

Dann kam die Corona-Pandemie und plötzlich ging es um Kurzarbeit, Umsatzrückgänge und Geisterspiele. „Einzelne Bundesliga-Clubs kalkulieren bereits konservativ mit Umsatzrückgängen von 10 bis 20 Prozent“, heißt es weiter in dem Sponsors Artikel.

Nach dem anfänglichen Schock erschienen erste Artikel von Experten, die über die Zukunft des Sport-Sponsorings und möglicher Auswege aus der Krise sprachen. Dabei fiel ein Thema besonders auf, das in der Vergangenheit nur wenig Aufmerksamkeit erhalten hatte: verantwortungsvolles Sponsoring.

„… Doing Good könnte die alte und neue Kraft im Sponsoring werden, die nicht nur durch die Krise hilft …“

So schrieb Robert Zitzmann, Geschäftsführer Jung von Matt/Sports, Anfang Mai in einem Artikel für die Marketing-Plattform „Horizont“ Folgendes: „Doing Good könnte die alte und neue Kraft im Sponsoring werden, die nicht nur durch die Krise hilft, sondern Sponsoring nach der Krise noch messbarer von anderen Marketingdisziplinen abhebt.“

Der US-amerikanische Sportmarketing-Experte John Balkam ging in einer Folge des Podcast „The Sustainability Report“ noch einen Schritt weiter. Er rief das Purpose-Zeitalter im Sponsoring aus. Der Fan, so Balkam, wolle sehen, dass der Sponsor sich um ihn bemüht und sein Leben besser macht.

Verantwortungsvolles Sponsoring ist kein neuer Ansatz in Deutschland.

Die Idee, Sponsorships gemeinwohlorientiert auszurichten und damit gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen bzw. sich sozial zu engagieren, ist nicht neu. Es gibt in Deutschland zahlreiche Beispiele für verantwortungsvolles Sponsoring.

Zum Beispiel die Partnerschaft zwischen dem kommunalen Ökostrom-Anbieter ENTEGA und dem 1. FSV Mainz 05. Das gemeinsame Ziel zum Start der Partnerschaft im Jahr 2009: Aus dem Fußballverein den ersten klimaneutralen Club der Bundesliga zu machen. Was nach Angaben von ENTEGA ein Jahr später bereits gelang.

Ein jüngeres Beispiel ist die Partnerschaft des FC St. Pauli mit dem US-amerikanischen Eishersteller Ben & Jerry’s und der Amadeu Antonio Stiftung. Unter dem Namen „Melting Pott“ haben sie gemeinsam eine Eissorte auf den Markt gebracht, mit der sie ein Zeichen für eine „bunte Gesellschaft“ setzen wollen. Die generierten Einnahmen wurden genutzt, um soziale Initiativen zu unterstützen.

Die Orientierung am Wohl der Gesellschaft wird zukünftig wichtiger im Sport-Sponsoring.

Sponsorships, die gesellschaftliche Ziele verfolgen und in der Kommunikation gewinnbringend für die Reputation einer Marke nutzbar sind, sind in Deutschland also nichts Neues. Warum also stehen sie plötzlich im Fokus der Diskussion über die Zukunft des Sponsorings?

Die Corona-Pandemie wirkt wie ein Vergrößerungsglas. Sie lässt uns innehalten und unser Umfeld genauer betrachten. Wir sehen klarer, wo Brüche in unserer Gesellschaft verlaufen und dringend Handlungsbedarf besteht. Es ist ein wenig so, als hätte die Pandemie unsere Sinne für die gesellschaftlichen Herausforderungen noch einmal geschärft.

Mit einer hohen Dynamik verändert sich derzeit ein kollektives Bewusstsein, das auch die Wirtschaft und andere Akteure wahrnehmen und sie in Zukunft entsprechend handeln lassen muss – was sich wiederum auf das Sport-Sponsoring auswirkt.

Sponsorships, die nur in Bezug auf Imagetransfer und Awareness funktionieren und den gesamtgesellschaftlichen Wandel in Bezug auf zentrale Wertvorstellungen vernachlässigen, werden zukünftig stärker ins Abseits gestellt.

Die Zeichen sind schon länger bekannt: So haben sich über viele Jahre z. B. die Ansprüche vieler Konsumenten hinsichtlich Produktionsprozesse und Lieferketten deutlich verschoben.

„Öko ist in und Fairtrade ein Verkaufsschlager. Nachhaltigkeit ist längst aus der früheren Nische in den Mainstream gewandert“, heißt es in dem aktuellen Beitrag „Verantwortung als Chance: das Transformations­thema Sustainability“ der Unternehmensberatung Deloitte.

Dass sich hier Werte und Einstellungen verändern, können wir auch am Arbeitsmarkt ablesen: Bei Arbeitnehmern insbesondere der Generation Y sind Themen wie „Sinnhaftigkeit“, „Nachhaltigkeit“ und „Work-Life-Balance“ über die Jahre immer bedeutsamer geworden.

„Wir müssen langfristiges Denken sicherstellen. Vorstände und Verwaltungsräte müssen dafür mehr Verantwortung übernehmen und die Unternehmen müssen sich mehr für die Gesellschaft engagieren.“

Sogar Investoren achten bei Unternehmen verstärkt auf deren Performance in den Bereichen „Nachhaltigkeit“ und „gesellschaftliche Verantwortung“. Larry Fink, der CEO von Blackrock, eine US-amerikanische Fondgesellschaft, die rund 7,4 Billionen US-Dollar verwaltet, sagte 2019 in einem Interview mit dem Handelsblatt: „Wir müssen langfristiges Denken sicherstellen. Vorstände und Verwaltungsräte müssen dafür mehr Verantwortung übernehmen und die Unternehmen müssen sich mehr für die Gesellschaft engagieren“.

Dieser gesamtwirtschaftliche Wandel führte 2019 dazu, dass die CEOs führender Unternehmen in den USA die Abkehr vom „Shareholder Value“ forderten. Zeit-Online schrieb im August 2019: „Eine der wichtigsten Interessengruppen amerikanischer Unternehmen trägt in einer Erklärung die Orientierung am „Shareholder Value“ zu Grabe. Nicht nur das Wohl der Anteilseigner, sondern das der ganzen Gesellschaft soll künftig zählen.“

Im Sport-Sponsoring spielt das „Wohl der ganzen Gesellschaft“ derzeit eine eher untergeordnete Rolle. In der Nielsen Studie „Sponsor Trend 2016“ rangiert „Gesellschaftliche Verantwortung“ als Sponsoringziel auf Platz 7. In der aktuellen Ausgabe der Studie aus dem Jahr 2018 hat sich daran nichts geändert. „Gesellschaftliche Verantwortung“ ist damit auf demselben Niveau wie das Ziel „Kontaktpflege bei Meinungsführern“.

Wenn die Sponsoringbranche nun durch die Corona-Pandemie und die drohende Krise das Ziel „gesellschaftliche Verantwortung“ für sich (wieder-) entdeckt, ist das nur folgerichtig, aber auch längst überfällig.

Corona und Black Life Matters unterstreichen die Kraft des Sports.

Die letzten Wochen und Monate haben gezeigt, wie wichtig gesellschaftlicher Zusammenhalt ist. Und welche Rolle Sport spielen kann, wenn es darum geht, Menschen Halt und Orientierung zu geben.

Wie im Fall von Alba Berlin und ihrer täglichen Sportstunden für Kinder und Jugendliche. Die Basketballer waren nur wenige Tage nach dem bundesweiten Corona-Lockdown zur Stelle und bewegten im wahrsten Sinne des Wortes ganz Deutschland über ihr sportliches Youtube-Format.

Nach dem Tod des Afroamerikaners Georg Floyd in Folge eines brutalen Polizeieinsatzes nutzten prominente Sportler wie Serena Williams, LeBron James, Marcus Thuram oder Jadon Sancho ihre Popularität und Reichweite, um sich gegen Rassismus und Polizeigewalt zu positionieren. Clubs wie der FC Liverpool und Sportmarken wie Nike und Patagonia folgten rasch dem Beispiel der engagierten Sportler.

Vor uns liegen weitere große gesellschaftliche Herausforderungen wie z. B. Klimawandel und Geschlechtergerechtigkeit. Das Sport-Sponsoring muss sich diesen Herausforderungen stellen. Wegschauen oder ignorieren wird zukünftig nicht funktionieren.

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Verantwortungsvolles Sponsoring ist kein Selbstläufer – diese drei Punkte sind wichtig.

Planung und Umsetzung eines „verantwortungsvollen“ Sponsorships sind dabei kein Selbstläufer. Insbesondere wenn die Partner mehr wollen als eine reine Charity-Aktion, gegen die grundsätzlich nichts einzuwenden ist, sollten folgende Punkte bei der Entwicklung einer Sponsoring-Strategie beachtet werden.

Klarheit: Purpose, Cause, Impact, Doing Good … All diese Begriffe klingen gut und irgendwie auch passend. Häufig sind es inhaltliche „Nebelkerzen“, die den Eindruck erwecken, es geht eher um Greenwashing als um ehrliches Engagement. Klarheit, Glaubwürdigkeit und Transparenz sollten oberstes Gebot in der Kommunikation mit dem Fan sein.

Kooperation: Die meisten gesellschaftlichen Probleme sind sehr vielschichtig und umfassend. Einfache und / oder schnelle Lösung sind selten. Deshalb ist Teamwork angesagt. Clubs und Sponsoren sind gut beraten, mit NGOs und anderen Sportorganisationen zu kooperieren, die über die nötige Expertise verfügen. Das fördert zudem die Reputation des Sponsors – und des Vereins.

Kontinuität: Gesellschaftliche Probleme verschwinden nicht über Nacht. Alle Beteiligten brauchen Ausdauer und Durchhaltevermögen. Außerdem müssen sich die Partner der Verantwortung bewusst sein, die sie übernehmen, wenn sie ein Programm starten. Was passiert z. B. mit dem geförderten Projekt, wenn die Partnerschaft – warum auch immer – ausläuft?

Richtig eingesetzt, kann Sport einiges bewirken.

Sport ist ein starker Hebel für gesellschaftlichen Wandel, sei es bei der Förderung von Inklusion, Integration, Bildung oder Gesundheit. Wenn der Hebel gezielt und planvoll eingesetzt wird, kann er einiges bewirken. Das werden Fans wertschätzen und anerkennen.

Wer sich als Sponsor glaubwürdig engagiert und auf Augenhöhe kommuniziert, schafft (zusätzliches) Vertrauen in seine Marke. Eine starke Währung in Zeiten, in denen viele Konsumenten Marken und deren Kommunikation misstrauen. So gewinnen letztlich beide – die Marke und die Gesellschaft.

Quellen:

Sponsors – Corona-Krise: Wie setzen Sponsoren künftig ihr Geld ein?

Horizont – Zwischen Werten und Wertschöpfung: Wie eine gesunde Zukunft des Sports aussehen kann

The Sustainability Report – Building engaging sponsorship activations around purpose

ENTEGA – Sponsoring 1. FSV Mainz 04

FC St. Pauli – Melting Pott

Deloitte – Verantwortung als Chance: das Transformations­thema Sustainability

Handelsblatt – Blackrock-CEO Larry Fink: „Der Kapitalismus ist zu weit gegangen“

FAZ – Amerikas Unternehmenslenker rufen zur Nachhaltigkeit auf

Nielsen Sport: Sponsoring-Trends 2018

ALBA BERLIN – Albas tägliche Sportstunde